Beteiligung an GmbH: Verluste auch bei Einnahmen-Überschussrechnung abziehbar
Der Verlust der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, kann auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewinnmindernd berücksichtigt werden. Für den Zeitpunkt und den Umfang des Betriebsausgabenabzugs ist maßgeblich, wann und in welcher Höhe die für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind.
Hintergrund
Der Kläger war zu 50 % an der 1988 gegründeten X GmbH (GmbH) beteiligt. Darüber hinaus erbrachte er im Rahmen eines gewerblichen Einzelunternehmens Beratungsleistungen und vermietete Wirtschaftsgüter, u. a. an die GmbH.
Seinen Gewinn aus dem gewerblichen Einzelunternehmen hatte der Kläger zunächst durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.
In den Bilanzen zum 31.12.2003, zum 31.12.2004 und zum 31.12.2005 hatte er sowohl die GmbH-Beteiligung als auch diverse Darlehensforderungen gegen die GmbH aktiviert.
Für das Jahr 2006 legte der Kläger keine Bilanz vor, sondern lediglich eine vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung. Für die Jahre 2009 bis 2013 reichte er Einnahmen-Überschuss-Rechnungen beim Finanzamt ein.
Bereits im Jahr 2007 hatte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Im Jahr 2008 war über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hatte im Juli 2008 berichtet, die GmbH sei spätestens seit dem 31.12.2000 überschuldet gewesen. Stille Reserven hätten nicht existiert. Eine Fortführung des Unternehmens sei ausgeschlossen.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärte der Kläger einen Verlust aus der Auflösung der GmbH. Das Finanzamt erkannte diesen Verlust nicht an.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, ein Verlust könne nicht berücksichtigt werden, weil die GmbH-Beteiligung nicht zum Privatvermögen des Klägers gehört habe. Sie sei vielmehr in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2006 notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers gewesen und auch nach Einstellung des Geschäftsbetriebs der GmbH und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen weiterhin Betriebsvermögen geblieben. Denn der Kläger habe die Beteiligung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums 2013 nicht entnommen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entscheidet, dass die Revision des Klägers begründet ist. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Die GmbH-Beteiligung einschließlich der streitigen Darlehensforderungen haben jedenfalls bis zum Streitjahr 2013 zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers gehört.
Die Betriebsvermögenseigenschaft wird grundsätzlich erst dadurch beendet, dass der Steuerpflichtige die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen entnimmt. Eine Entnahme setzt regelmäßig eine unmissverständliche, von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung voraus.
Die Änderung der Gewinnermittlungsart wirkt sich auf die Zusammensetzung des Betriebsvermögens nicht aus und führt insbesondere nicht zur Entnahme der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter oder zu einer Aufdeckung der stillen Reserven.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das Finanzgericht nachvollziehbar und für den Senat bindend entschieden, dass die streitige Beteiligung bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebs der GmbH im Jahr 2007 zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörte. Das Finanzgericht hat schließlich ebenfalls bindend entschieden, dass die GmbH-Beteiligung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums 2013 nicht entnommen worden sei.
Die Anschaffungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Die Betriebsausgabe ist daher in dem Zeitpunkt anzusetzen, in dem die für das Wirtschaftsgut aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind.
Wann der Verlust in diesem Sinne endgültig ist, ist eine Frage der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
Dem Steuerpflichtigen kommt hinsichtlich des Zeitpunkts der Verlustberücksichtigung kein Wahlrecht zu.
Wenn der Verlust des betreffenden Wirtschaftsguts betrieblich veranlasst ist, ist eine Betriebsausgabe in Höhe des aufgezeichneten Buchwerts zu berücksichtigen.
Auf die Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung eines Beteiligungsverlustes nach § 17 Abs. 4 EStG kann hier nicht zurückgegriffen werden.
Die Ermittlung des Gewinns oder Verlustes erfordert in diesen Zusammenhang eine Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt seiner Entstehung. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre. Ein Verlust kann daher bereits in dem Jahr erfasst werden, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Das Zufluss-Abfluss-Prinzip gilt dort prinzipiell nicht.
Diese Grundsätze können hier aber keine Anwendung finden, da die Beteiligung nicht zum Privatvermögen des Klägers gehörte.
Der Verlust eines Wirtschaftsguts stellt im Fall eines Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, eine „reguläre“ Betriebsausgabe dar. Diese ist im Rahmen der laufenden Gewinnermittlung zu erfassen. Eine hiervon abweichende, punktuelle – stichtagsbezogene – Gewinnermittlung mit einem Rückbezug aller nachträglich eintretenden Umstände auf den Veräußerungs- bzw. Verlustzeitpunkt, bei der der Anteilseigner den Verlust in einem einzigen zutreffenden Veranlagungszeitraum geltend machen muss, ist der Einnahmen-Überschuss-Rechnung fremd.
Der Verlust ist im Urteilfall daher zwingend in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die Mittel, die für das Wirtschaftsgut aufgewendet worden sind, endgültig verlorengegangen sind.
Hat es der Steuerpflichtige versäumt, den Verlust zu diesem Zeitpunkt geltend zu machen, kommt eine Berücksichtigung in einem späteren Veranlagungszeitraum nicht in Betracht. Insoweit unterscheidet sich die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, bei der die Bilanzberichtigung gewinnwirksame Nachholungen ermöglicht.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Mittel, die der Kläger – bis zum Jahr 2008 – für die GmbH-Beteiligung und die Darlehensforderungen aufgewendet hat, im Jahr 2008 endgültig verlorengegangen sind und daher nicht in den Streitjahren 2013 oder (hilfsweise) 2012 berücksichtigt werden können.