Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 15. November 2024

Kann eine fehlerhafte Rechnung rückwirkend korrigiert werden?

Eine rückwirkende Korrektur von Rechnungen ist nicht möglich, wenn sowohl die Zusammenfassenden Meldungen als auch die Rechnungen zunächst keine Hinweise auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft enthalten. Vielmehr gilt eine solche Rechnung als erstmalig ausgestellt.

Hintergrund

In den Jahren 2008 bis 2013 betrieb der Kläger einen Großhandel mit landwirtschaftlichen Maschinen.

Die Maschinen wurden vom Kläger bei den Herstellern bestellt und von dort direkt an die Kunden in verschiedenen Mitgliedstaaten geliefert.

Die Versendung erfolgte unter Verwendung der USt-IdNr. des Ansässigkeitsstaates. Auch die Endkunden verwendeten jeweils die USt-IdNr. ihres Ansässigkeitsstaates.

Für die Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten nach Polen erklärte der Kläger in seinen deutschen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre auf der Eingangsseite umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland und machte zugleich den Vorsteuerabzug geltend.

Er erklärte die Weiterlieferungen in Polen als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Sowohl die Zusammenfassenden Meldungen des Klägers für die Streitjahre als auch die Rechnungen des Klägers an seine Kunden enthielten zunächst keine Hinweise auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft.

Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass in Bezug auf die Lieferungen zwischen den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Herstellern, dem Kläger und den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Kunden innergemeinschaftliche Reihengeschäfte vorliegen würden. Die Beförderung oder Versendung könne aber jeweils nur einer Lieferung zugeordnet werden. Dies seien jeweils die Lieferungen der Hersteller an den Kläger. Der Ort der Lieferungen des Klägers an seine Kunden liege jeweils im Abnehmerstaat (zumeist Polen), wo die Beförderung oder Versendung geendet habe. Dort hätte sich der Kläger jeweils für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren und seine Umsätze aus den Lieferungen an die Kunden erklären müssen. Der Kläger hätte dort zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern müssen und zugleich den Vorsteuerabzug vornehmen dürfen. Von der Vereinfachungsregel für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

Da die Versteuerung der zweiten Lieferung im jeweiligen Zielstaat bisher unterblieben sei, gelte der steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerb des Klägers als in Deutschland bewirkt.

Der Kläger erteilte daraufhin berichtigte Rechnungen und übermittelte am 14.6.2016 berichtigte Zusammenfassende Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern.

In den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden berücksichtigte das Finanzamt u. a. den Vorsteuerabzug aus den erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben nicht und minderte auch die erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen um die in Deutschland nicht steuerbaren Umsätze.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hält die vom Finanzamt eingelegte Revision für begründet.

Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe des Klägers liegt im Bestimmungsland.

Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

Im Streitfall sind die Warenbewegungen der ersten Lieferung an den Kläger zuzuordnen. Die Maschinen wurden jeweils durch den Hersteller oder den Kläger versendet. Der Kläger hat seinen Kunden in keinem Fall bereits vor der Warenbewegung die Verfügungsmacht an den Maschinen übertragen.

Sowohl der Ort der Lieferungen des Klägers an seine Kunden als auch der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs des Klägers liegt im Bestimmungsland (i. d. R. Polen); denn es liegt ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft vor, bei dem die Warenbewegung der ersten Lieferung an den Kläger zuzurechnen ist.

Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet. Der innergemeinschaftliche Erwerb durch den Abnehmer wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet.

Da die Warenbewegung der ersten Lieferung der Hersteller an den Kläger zuzuordnen ist, liegt der Ort der zweiten Lieferung des Klägers an seine Abnehmer im Bestimmungsland. Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe des Klägers liegt ebenfalls dort. Der Kläger hätte in den Bestimmungsländern innergemeinschaftliche Erwerbe erklären müssen, zugleich diese Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können sowie seine Ausgangsumsätze an die Erwerber im Bestimmungsland erklären und versteuern müssen.

Der innergemeinschaftliche Erwerb ist aber daneben auch in Deutschland bewirkt.

Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-IdNr., gilt der Erwerb im Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt.

Im Streitfall hat der Kläger gegenüber den Herstellern aus anderen Mitgliedstaaten seine deutsche USt-IdNr. verwendet.

Die Ortsregelung gilt so lange, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte als besteuert gilt, wenn der erste Abnehmer seiner entsprechenden Erklärungspflicht nachgekommen ist. Eine Besteuerung im Bestimmungsland wurde vom Kläger nicht nachgewiesen und ergibt sich auch nach Aktenlage nicht.

Im Streitfall lagen die Voraussetzungen der Besteuerungsfiktion nicht vor. Das gilt schon für die im Streitfall umstrittene Voraussetzung, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung erteilt haben muss, in der auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen ist. Dieser Hinweis fehlte in den ursprünglichen Rechnungen.

Soweit die berichtigten Rechnungen aus dem Jahr 2016 diese Voraussetzungen erfüllen, kommt der Berichtigung dieser Rechnungen keine Rückwirkung zu.

Das nachträgliche Erfüllen einer notwendigen Tatbestandsvoraussetzung ist keine Korrektur, sondern das erstmalige Ausstellen der vorausgesetzten Rechnung.


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