Artikel aus dem Themenbereich: Kapitalanlage und Versicherung vom 04. April 2023

Veräußerung von Kryptowährungen: Gewinne können steuerpflichtig sein

Virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token sind Wirtschaftsgüter, die bei Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft unterliegen.

Hintergrund

X erwarb, tauschte und veräußerte im Streitjahr 2017 verschiedene Kryptowährungen. Es handelte sich um privat getätigte Geschäfte mit Bitcoins, Etherum und Monero. Im Jahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn von 3,4 Mio. EUR.

Dementsprechend erklärte X für 2017 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von insgesamt 3,4 Mio. EUR. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß und setzte Einkommensteuer fest (rund 1,5 Mio. EUR).

Dagegen erhob X Klage und wandte ein, es liege kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Denn bei Kryptowährungen liege eine Kette aus digitalen Signaturen und damit kein Wirtschaftsgut i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Außerdem sei die Besteuerung wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits gleichheitswidrig. Das Finanzgericht folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts und wies die Revision zurück. Ebenso wie das Finanzgericht bejaht der Bundesfinanzhof sowohl das Vorliegen eines Wirtschaftsguts als auch die Verneinung eines strukturellen Vollzugsdefizits.

Der Begriff des (anderen) "Wirtschaftsguts" i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG entspricht dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstands. Er ist auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise weit auszulegen. Der Begriff umfasst nicht nur Gegenstände im Sinne des BGB (Sachen und Rechte), sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile, die nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich sind. Daher kann auch eine zivilrechtlich nicht übertragbare (Rechts-)Position steuerrechtlich als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen werden, wenn sie in der Rechtspraxis entgeltlich einem Dritten überlassen und dadurch wirtschaftlich verwertet werden kann.

Hiervon ausgehend stellen die von X erworbenen, getauschten und wieder veräußerten Kryptowährungen (Bitcoin, Etherum, Monero) Wirtschaftsgüter im Sinne dieser weiten Begriffsbestimmung dar. Es handelt sich wirtschaftlich betrachtet um Zahlungsmittel. Sie können für Bezahlvorgänge zwischen den Beteiligten genutzt werden und verfügen über zeitaktuelle Kurse. Der für den jeweiligen Token und die jeweilige Transaktion ermittelte (Kurs-)"Wert" belegt dessen Realisierbarkeit. Es liegen somit objektiv werthaltige, selbstständig bewertbare Positionen (im Sinne einer Chance bzw. einer Möglichkeit) vor. Dies zeigt sich schon daran, dass die Erwerber tatsächlich ein Entgelt für die Übertragung der von X in handelbare Untereinheiten "verselbständigten" Token gezahlt haben. Die im Einzelnen komplexen technischen Zusammenhänge sind für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht entscheidend.

Die durch Kauf oder Tausch erworbenen Currency Token waren dem X nach § 39 Abs. 1 AO als Wirtschaftsgüter zuzurechnen. Wegen des weiten Eigentumsbegriffs im Sinne wirtschaftlichen Eigentums kann eine werthaltige Position einer Person zugerechnet werden, wenn sie eine faktische Berechtigung (im Sinne einer "unbeschränkten Herrschaftsmacht") an der als Wirtschaftsgut zu qualifizierenden Position besitzt. Danach waren die von X erworbenen Currency Token ihm schon deshalb zuzurechnen, weil ihm aufgrund des "Private Key" in tatsächlicher Hinsicht die unbeschränkte Herrschaftsmacht zustand. Die Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge haben jeweils zu einem Rechtsträgerwechsel und damit zu einem Veräußerungsgewinn bei X geführt.

Eine gesetzliche Besteuerungsgrundlage (hier § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist verfassungswidrig, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens in prinzipieller Weise verfehlt wird. Eine Gleichheitswidrigkeit folgt dabei nicht bereits aus der (vorgeblichen) empirischen Ineffizienz einer Norm, sondern nur aus einem Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.

Verfassungsrechtlich untersagt ist somit der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der Steuernorm und einer nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregel. Es genügt daher nicht schon jeder tatsächlich feststellbare Vollzugsmangel, um eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung selbst angelegt ist oder wenn Verstöße nicht konsequent unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Regelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen.

Es fehlt schon an widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten gesetzlichen Regelungen. Unbeschadet möglicher Vollzugsschwierigkeiten bei der Besteuerung von Veräußerungsgeschäften mit Currency Token, liegt nach Meinung des Bundesfinanzhofs jedenfalls keine der materiellen Regelung strukturell gegenläufige Erhebungsregelung vor. Auch eine bewusst geschaffene oder gesetzlich vorgegebene Kontrolllücke ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht feststellbar.


Unsere Fachartikel sind nach bestem Wissen redaktionell erstellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
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