Artikel aus dem Themenbereich: GmbH vom 04. Oktober 2022

Zum Zufluss von Kapitalerträgen beim beherrschenden Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft

Dem beherrschenden Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft fließt ein Gewinnanteil im Zeitpunkt des Gewinnausschüttungsbeschlusses zu, wenn die Gesellschaft zahlungsfähig ist und er nach Maßgabe des ausländischen Rechts zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Gewinnanteil verfügen kann.

Hintergrund

Streitig war, ob dem X in den Jahren 2007 bis 2010 als beherrschendem Gesellschafter einer kroatischen Kapitalgesellschaft beschlossene Gewinnausschüttungen, die ihm nicht ausbezahlt wurden, zugeflossen sind. Der in Deutschland wohnhafte und unbeschränkt steuerpflichtige X war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kroatischen Rechts mit Sitz in Kroatien. Die Gesellschaft erwirtschaftete in den Geschäftsjahren 2006 bis 2009 jeweils Gewinne.
Das Finanzamt erfasste bei X die von der kroatischen Gesellschaft beschlossenen Ausschüttungen. Es ging davon aus, diese seien dem X als beherrschendem Gesellschafter im jeweiligen Streitjahr zugeflossen.

Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Einem vom Finanzgericht eingeholten Sachverständigengutachten zum kroatischen Recht war zu entnehmen, dass es im kroatischen Recht kein gesetzliches Auszahlungshindernis gegeben hat, das den X hätte hindern können, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs nach seinem Ermessen zu bestimmen. Die kroatische Gesellschaft war in allen Streitjahren zahlungsfähig gewesen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Gewinnausschüttungen dem X bereits in den Streitjahren zugeflossen sind.

Ob dem X Gewinnanteile aus der kroatischen Gesellschaft zugeflossen sind, richtet sich nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Denn die Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung des kroatischen Rechts ist mit einer deutschen GmbH vergleichbar. Auch für den Zeitpunkt des Zuflusses der streitigen Ausschüttungen aus der kroatischen Kapitalgesellschaft ist das deutsche Einkommensteuer-Recht maßgeblich.

Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist der Zufluss einer Ausschüttung i. d. R. bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung anzunehmen, weil er es dann in der Hand hat, sich die ihm von der Gesellschaft geschuldeten Beträge auszahlen zu lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sein Gewinnauszahlungsanspruch eindeutig, unbestritten und fällig und die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Denn dann kann der beherrschende Gesellschafter im Regelfall wirtschaftlich bereits ab dem Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses über seinen Gewinnanteil verfügen.

Entsteht mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses nach ausländischem Recht ein sofort fälliger Gewinnauszahlungsanspruch, kann hieraus jedoch nicht in jedem Fall zwingend abgeleitet werden, dass der beherrschende Gesellschafter bei Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft schon unmittelbar die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Denn der Auszahlung des Ausschüttungsbetrags können nach dem ausländischen Recht gleichwohl Hindernisse entgegen stehen mit der Folge, dass noch kein Zufluss vorliegt.

Das Finanzgericht ging zwar davon aus, dass entsprechende Gewinnverwendungs- und Ausschüttungsbeschlüsse vorlagen und die Gesellschaft jeweils zahlungsfähig war. Das Finanzgericht ist jedoch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, X habe bereits ohne Weiteres aufgrund der jeweiligen Fälligkeit der Gewinnauszahlungsansprüche auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gewinnanteile erlangt. Ob der Erlangung der Verfügungsmacht nach kroatischem Recht Hindernisse entgegenstanden, hat das Finanzgericht jedoch – trotz Vortrags des X und des widersprüchlichen Akteninhalts – nicht hinreichend aufgeklärt. Es hat nicht festgestellt, ob neben der Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs etwa weitere gesetzliche Voraussetzungen des kroatischen Rechts für eine Auszahlung der beschlossenen Ausschüttun-gen an X erfüllt sein mussten.

Das Finanzgericht hat die Feststellung nachzuholen, ob trotz der Fälligkeit des Anspruchs noch ein Auszahlungshindernis bestand, das X nicht beeinflussen konnte und das der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht entgegenstand. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang die von X behauptete Verpflichtung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nach kroatischem Recht, bei der Auszahlung der Gewinnanteile an die Gesellschafter den vorherigen Abzug der kroatischen Kapitalertragsteuer nachzuweisen. Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts hierzu sind widersprüchlich.


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