Artikel aus dem Themenbereich: Sonstige Steuern vom 21. Juni 2022

Erbschaftsteuer: Auch angemessene Kosten einer Zweitbestattung sind zu berücksichtigen

Ob ein Grabdenkmal angemessen ist, richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist vor allem, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.

Hintergrund

X ist Alleinerbe seines verstorbenen Bruders (Erblasser). Der Erblasser wurde im Jahr 2017 in einem herkömmlichen Grab bestattet. Die Kosten für das Grabdenkmal dieser Erstbestattung betrugen 9.300 EUR. Im Jahr 2019 ließ X für 420.000 EUR ein Mausoleum im Heimatland des Erblassers (Zweitbestattung) errichten und machte den Betrag als Nachlassverbindlichkeit geltend.

Das Finanzamt ließ lediglich die Kosten für das Grabmal der Erstbestattung (9.300 EUR) zum Abzug zu. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzamt im Wesentlichen mit der Begründung ab, nur die Kosten der Erstanlage einer Grabstätte könnten abgezogen werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass auch die Kosten einer Zweitbestattung berücksichtigt werden können, wenn die erste Ruhestätte lediglich temporären Charakter hatte.

Aus dem von X im Jahr 2019 abgeschlossenen Vertrag zur Errichtung des Mausoleums ergibt sich keine Verpflichtung i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Der entsprechende Vertrag wurde erst zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers geschlossen. Die aus diesem Vertrag resultierenden Verbindlichkeiten rühren daher nicht mehr vom Erblasser her.

Eine Verpflichtung des X aus einem vermeintlichen Auftragsverhältnis gegenüber dem Erblasser oder einer Geschäftsführung ohne Auftrag ist aus Rechtsgründen nicht denkbar. Denn mit dem Tod des Erblassers sind Auftraggeber und Auftragnehmer in der Person des X zusammengefallen. Damit war dem X die notwendige Tätigkeit im fremden Interesse (Fremdgeschäftsführungswille) nicht mehr möglich.

Grundsätzlich zählen nur die Aufwendungen für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abziehbaren Kosten. Aufwendungen nach Errichten eines ersten Grabdenkmals sind weder zivilrechtlich vom Erben zu tragen noch handelt es sich sozialrechtlich um Bestattungskosten.

Anders kann es sein, wenn aufgrund äußerer Umstände oder des Willens des Verstorbenen dieser zunächst im Sinne einer Zwischenlösung bestattet wird und später Kosten für eine zweite (endgültige) Grabstätte entstehen. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist jedoch, dass bereits bei Errichtung des ersten Grabdenkmals dieses offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt war.

Die Angemessenheit bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört. Dabei ist auch die Höhe des Nachlasses zu berücksichtigen (im Streitfall 550.000 EUR).

Ergibt die Würdigung, dass die nachgewiesenen Kosten für ein Grabdenkmal die Angemessenheit übersteigen, ist der Abzug auf den Teil beschränkt, der den angemessenen Kosten entspricht.

Hiervon ausgehend hat das Finanzgericht insbesondere festzustellen, ob sich die Erstgrabstätte lediglich als Provisorium dargestellt hat. Ferner müssen Nachweise für die tatsächliche Errichtung des zweiten Grabdenkmals sowie die Zahlung der behaupteten Aufwendungen vorliegen. Sollten diese Voraussetzungen zu bejahen sein, ist über die Angemessenheit des Aufwands für die Zweitgrabstätte zu befinden. Möglicherweise sind die Kosten auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.


Unsere Fachartikel sind nach bestem Wissen redaktionell erstellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
Sprechen Sie uns gerne für eine persönliche Beratung an: +49 6173 7835-0

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