Artikel aus dem Themenbereich: Sonstiges vom 12. August 2022

Beherbergung und Verköstigung: Kinder auf einem Reiterhof und die Umsatzsteuer

Reitkurse für Jugendliche und Kinder auf Reiterhöfen können umsatzsteuerfrei sein, wenn diese den Kursteilnehmern den unmittelbaren Berufseinstieg in den Turniersport ermöglichen. Ansonsten, z. B. bei Reitunterricht im Rahmen einer Klassenfahrt, liegen steuerpflichtige Umsätze vor.

Hintergrund

Die Klägerin führte auf einem Reiterhof während der Schulferien Reitkurse für Kinder und Jugendliche durch und beherbergte und beköstigte die aufgenommenen Teilnehmer. Ziel der einwöchigen sog. Ponykurse war das altersgerechte Erlernen des Umgangs mit den Ponys mit Reitunterricht. Von den Kursteilnehmern nahmen ca. 30 % bis 40 % an den Prüfungen für ein sog. Motivationsabzeichen teil. Von den Teilnehmern mit bereits vorhandener Reiterfahrung an den ein bis zweiwöchigen großen Pferdekursen mit Spring-, Dressur- und Theorieunterricht nahmen am Kursende 60 % bis 70 % an den Leistungsabzeichen-Prüfungen teil. Die Leistungsabzeichen berechtigten u. a. zum Einstieg in den Turniersport.

Die einwöchigen Kursprogramme für Schulklassen für Kinder von 9 bis 12 Jahren mit Reit- und Theorieunterricht zielte darauf ab, den Kindern den häufig erstmaligen Kontakt mit Pferden zu ermöglichen. Reitabzeichen wurden insoweit nicht abgenommen. Das Finanzamt ging insgesamt nicht von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen aus.

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die Umsätze der Klägerin aus den Kursen der großen Pferdegruppe nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei und die Umsätze aus der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung im Rahmen der Kurse der Ponygruppe und der Klassenfahrten nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei. Dagegen sind die Umsätze aus den Kursen der Ponygruppe und aus den Klassen-fahrten steuerpflichtig, soweit sie auf den Reitunterricht und das weitere Tagesprogramm entfallen.

Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers stellen die von der Klägerin erbrachten Kurse und die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung eigene, selbstständige, für die Steuerbefreiung jeweils einzeln zu betrachtende Leistungen dar. Die streitigen Umsätze stehen nicht in einem Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung. Die Kurse und die Unterkunft und Verpflegung dienten unterschiedlichen und gleichgewichtigen Zwecken.

Nach der Überzeugung des Finanzgerichts vermittelte der auf die Ablegung sog. Leistungsabzeichen ausgerichtete Reitunterricht der Kurse der großen Pferdegruppe Kenntnisse und Fähigkeiten, die den Kursteilnehmern u. a. die Berufsausübung als Turniersportreiter ermöglicht. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Kursteilnehmer dieses Berufsziel auch konkret angestrebt haben. Auch die Dauer der Ausbildung ist unerheblich. Der vorliegenden Bescheinigung des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums des Landes Schleswig-Holstein kommt eine Indizwirkung dafür zu, dass die Kursangebote bezüglich der großen Pferdegruppe auch nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienten.


Unsere Fachartikel sind nach bestem Wissen redaktionell erstellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
Sprechen Sie uns gerne für eine persönliche Beratung an: +49 6173 7835-0

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