Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 17. Mai 2024

Beschränkte Steuerpflicht: Wer ist zuständig für die Außenprüfung?

Die sachliche Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern für die Antragsveranlagung beschränkt Steuerpflichtiger und die Durchführung des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 1 EStG erstreckt sich nicht auf die Außenprüfung.

Hintergrund

Die Klägerin, eine KG, die eine Konzertdirektion in X (Inland) betreibt, veranstaltet dort das jährlich stattfindende Musik Festival. Dafür engagiert sie ausländische Künstler, Künstlergruppen und Produktionsgesellschaften, die beschränkt steuerpflichtige Einkünfte erzielen. Mit diesen Einkünften unterliegen die betreffenden Künstlergruppen bzw. Produktionsgesellschaften dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die Klägerin nahm diesen Abzug vor und übermittelte Meldungen in elektronischer Form an das für den Steuerabzug zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Am 12.2.2020 hat das Finanzamt eine Prüfungsanordnung wegen einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlassen. Die Prüfung sollte sich auch auf den "Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG" beziehen. Das BZSt hatte zuvor die Übersendung von Kontrollmaterial angeregt und darum gebeten, im Rahmen von Außenprüfungen (Lohnsteuer-Außenprüfung, Außenprüfung) den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG in die Prüfung einzubeziehen. Das BZSt hatte dabei auch ausgeführt, dass dazu die Erteilung eines Prüfauftrags nicht erforderlich sei, da die sachliche Zuständigkeit für Außenprüfungen bei den Ländern verblieben sei.

Gegen die Prüfungsanordnung legte die Klägerin Einspruch ein. Dass ein örtliches Finanzamt nach Übertragung der Kompetenzen für den Steuerabzug nach § 50a EStG auf das BZSt noch für Prüfungen im Kontext des § 50a EStG zuständig sei, müsse bezweifelt werden.

Die gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG ging davon aus, dass nicht das Finanzamt, sondern das BZSt für die Prüfung des Steuerabzugs im Rahmen einer Außenprüfung sachlich zuständig sei. Die vom Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung sei deshalb nichtig. Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamts.

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben die Klage abgewiesen. Er hat entschieden, dass die streitige Prüfungsanordnung rechtmäßig ist. Insbesondere sei das Finanzamt für deren Erlass auch insoweit sachlich zuständig gewesen, als es um die Prüfung des Steuerabzugs gem. § 50a Abs. 1 EStG geht.

Nach der Rechtsprechung des BFH beschränkt sich die sachliche Zuständigkeit des BZSt im Sinne einer funktionalen Aufgabenteilung auf die positiv-rechtlich im Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG) enumerativ angeordneten Anwendungsfälle, im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit des Finanzamts.

Nach diesen Maßgaben ist mit der im Jahr 2009 erfolgten Übertragung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG genannten Aufgaben keine sachliche Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung von Außenprüfungen bei beschränkt Steuerpflichtigen bzw. inländischen Steuerabzugsverpflichteten begründet worden. Das Urteil der Vorinstanz, das in der Literatur teilweise Zustimmung erfahren hat, kann daher keinen Bestand haben.

Bereits der Wortlaut der Regelung und die Gesetzessystematik sprechen gegen das Auslegungsergebnis des FG. Im Gegensatz zum Begriff der Verwaltung einer Steuer, der weit – im Sinne von sämtlichen, zum Vollzug des Steuergesetzes erforderlichen verfahrensrechtlichen Maßnahmen – verstanden werden kann, spricht § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG lediglich einzelne Maßnahmen an, die punktuell vom BZSt durchzuführen sind (Veranlagung, Steuerabzug, Erlass von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung).

Zudem erfassen die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen die Außenprüfung sprachlich nicht. Die Außenprüfung ist nicht Bestandteil der "Durchführung der Veranlagung". Denn mit dem Begriff der Veranlagung ist das förmliche Verfahren gemeint, in dem von der zuständigen Finanzbehörde aufgrund von Steuererklärungen, die vom Steuerpflichtigen einzureichen sind, die Besteuerungsgrundlagen ermittelt, die Steuer sodann festgesetzt und die Festsetzung mit Steuerbescheid bekannt gegeben werden. Veranlagung ist gesetzessprachlich damit die Steuerfestsetzung. Für die Steuerfestsetzung erforderlich werdende Einzelermittlungen der Finanzbehörde sind Teil des Veranlagungsverfahrens. Dazu gehört aber nicht die gesondert angeordnete Außenprüfung. Denn dabei handelt es sich um eine besondere Sachaufklärungsmaßnahme, die regelmäßig zeitlich nach der Erstfestsetzung angeordnet wird, auf eine umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit erweiterten Mitwirkungspflichten angelegt ist und einem streng formalisierten eigenen Verfahren folgt. Außerdem ist die "Durchführung des Steuerabzugsverfahrens" gegenüber der "Durchführung der Veranlagung" als der Regelform zur Erhebung der Steuer lediglich als ein verfahrensrechtlich einfacher ausgestaltetes "Minus" zu qualifizieren und erfasst die Außenprüfung ebenfalls nicht.

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Aufgabenwahrnehmungen des BZSt im Bereich der Außenprüfung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 19 FVG gesondert angesprochen und detailliert geregelt werden, was gegen einen Einbezug der Außenprüfungskompetenz im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG spricht.

Ferner macht die Entstehungsgeschichte der Norm deutlich, dass der historische Gesetzgeber eine Übertragung der Prüfungszuständigkeit auf das BZSt nicht vorgesehen hat.

Darüber hinaus kann die Klägerin auch mit ihrem Einwand, dass eine Aufteilung der Zuständigkeit zwischen Landesfinanzbehörde und BZSt unzulässig sei, nicht durchdringen. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die BFH-Rechtsprechung zur sog. Gesamtzuständigkeit verweist, würdigt sie nicht ausreichend, dass der BFH insoweit den Grundsatz der Gesamtzuständigkeit für die örtliche Zuständigkeit durchaus anerkannt hat. Vorliegend geht es jedoch um die sachliche Zuständigkeit.


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