Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 06. Dezember 2022

Zum Betrieb einer Photovoltaikanlage durch vermögensverwaltende GbR

Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit stehen bei Überschreiten der Bagatellgrenze der Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR nicht entgegen.

Hintergrund

Die GbR errichtete auf einem von ihr vermieteten Objekt eine Photovoltaikanlage, aus der sie – ebenso wie aus den Vermietungen – Verluste erwirtschaftete. Für 2012 reichte die GbR zwei Einkünfteermittlungen ein, eine für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und eine für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Abweichend davon stellte das Finanzamt ausschließlich gewerbliche Einkünfte fest. Dem folgte das Finanzgericht mit dem Hinweis auf die "Abfärbewirkung" des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage habe die GbR eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die vermögensverwaltende Tätigkeit "abgefärbt" habe.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Die vermögensverwaltende Tätigkeit der GbR ist trotz des im gewerblichen Bereich erzielten Verlusts im Wege der Abfärbung insgesamt als gewerbliche zu qualifizieren. Da die Geringfügigkeitsgrenze überschritten ist, bleibt es bei der seitwärts abfärbenden Wirkung.

Der Streitfall beurteilt sich nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 EStG n. F. Mit der Neuregelung durch das WElektroMobFördG (v. 12.12.2019, BStBl 2020 I S. 17, Geltung ab 18.12.2019) wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG um einen neuen Satz 2 ergänzt. Danach tritt die umqualifizierende Wirkung unabhängig davon ein, ob aus der Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Mit dieser Regelung ist der Gesetzgeber der bisher vom Bundesfinanzhof vertretenen Rechtsauffassung entgegengetreten, nach der negative Einkünfte aus einer originär gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR führen.

Die Neuregelung enthält keine Ausnahmen von der Abfärbewirkung. Demnach übte die GbR als eine "andere Personengesellschaft" i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG zum einen eine vermögensverwaltende Tätigkeit und zum anderen mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage eine originär gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG aus. Da nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 1 EStG n. F. ausdrücklich auch originär gewerbliche Verluste einer Abfärbung auf die übrige Tätigkeit nicht entgegenstehen, hat die GbR insgesamt eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und damit insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt.

Die vom BFH für gemischt tätige freiberufliche Personengesellschaften entwickelte Geringfügigkeitsgrenze ist auch bei Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 1 EStG n. F. zu beachten. Demnach ist eine die umqualifizierende Wirkung nicht auslösende gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß gegeben, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze (relative Grenze) der Personengesellschaft und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 EUR im Feststellungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Die bisherige Geringfügigkeitsgrenze mit ihrer absoluten und relativen Umsatzgrenze ist sowohl bei Gewinnen als auch bei Verlusten zu beachten. Wird diese Bagatellgrenze überschritten, färben gewerbliche Gewinne und gewerbliche Verluste gleichermaßen ab.

Für gemischt tätige vermögensverwaltende Personengesellschaften gilt keine höhere Bagatellgrenze. Eine modifizierte Bagatellgrenze für gemischt tätige vermögensverwaltende Personengesellschaften widerspräche dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, die Einkünfteermittlung zu vereinfachen. Unterschiedliche Bagatellgrenzen würden zu weiteren Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Es ist auch nicht möglich, die abfärbende Wirkung erst nach einem längeren (mehrjährigen) Beobachtungszeitraum eintreten zu lassen. Das widerspräche ebenfalls dem Vereinfachungszweck.

Hiervon ausgehend bleibt es bei der seitwärts abfärbenden Wirkung. Die GbR hat aus der originär gewerblichen Tätigkeit Nettoumsätze von 8.472 EUR erzielt. Diese Umsätze machten 7,46 % der Gesamtnettoumsätze (113.484 EUR) aus. Sie blieben zwar unterhalb der absoluten Umsatzgrenze von 24.500 EUR, überschritten aber deutlich die relative Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze.


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