Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 06. Dezember 2022

Zahlreiche Verkäufe über ebay: Differenzbesteuerung auch bei fehlenden Aufzeichnungen

Umfangreiche Verkäufe über die Internetplattform "ebay" begründen eine unternehmerische Tätigkeit. Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten führt nicht grundsätzlich zur Versagung der Differenzbesteuerung.

Hintergrund

Die X erwarb Gegenstände aus Haushaltsauflösungen und bot sie auf der Auktions-Plattform "ebay" in Form von Versteigerungen zum Verkauf an. In den Jahren 2009 bis 2013 erzielte sie aus ca. 3.000 Auktionen Einnahmen von ca. 370.000 EUR.

Das Finanzamt erließ entsprechende Einkommensteuer- und Gewerbesteuer-Messbescheide, in denen es die Betriebsausgaben und Vorsteuern i. H. v. 30 % der Einnahmen schätzte. In den Umsatzsteuer-Bescheiden setzte es Umsatzsteuer von 19 % auf die festgestellten (Brutto-)Einnahmen fest. Vorsteuerbeträge erkannte das Finanzamt nicht an.

Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt, indem es die Betriebsausgaben i. H. v. 60 % des Nettoumsatzes berücksichtigte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht hat fälschlich die vom Finanzamt vorgenommene Festsetzung der Umsatzsteuer auf die Bruttoeinnahmen bestätigt. Außerdem ist die Sache im Hinblick auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht spruchreif.

Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Deshalb hätte die festzusetzende Umsatzsteuer vom Finanzamt aus den Bruttoeinnahmen herausgerechnet werden müssen. Das wird das Finanzgericht bei seiner erneuten Entscheidung berücksichtigen müssen.

Bei den Verkäufen der X handelt es sich um eine nachhaltige Tätigkeit. Neben dem Umfang der Verkäufe ist auch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit eine Betriebsorganisation erforderte. X musste Verpackungsmaterial kaufen, Waren verpacken, Porto zahlen und digitale Bilder der angebotenen Gegenstände fertigen. Es handelt sich um eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen. Auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es für die Umsatzsteuer nicht an.

X ist Wiederverkäuferin i. S. d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Da sie die weiterveräußerten Gegenstände bei Haushaltsauflösungen erworben hat, kann von einem Erwerb, für den keine Umsatzsteuer geschuldet wurde, ausgegangen werden.

Die Einhaltung der Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG gehört nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung. Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten führt daher grundsätzlich nicht zur Versagung der Differenzbesteuerung, sondern zur Schätzung (ggf. zu Lasten des Wiederverkäufers).

Unionsrechtlich ergibt sich die Schätzung zum einen daraus, dass eine Pflicht zu getrennten Aufzeichnungen nach Art. 324 MwStSystRL nur dann besteht, wenn die Differenzbesteuerung neben der Regelbesteuerung angewendet wird. Zum anderen hat der EuGH zwar entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung aus Aufzeichnungen ergeben muss, die die Prüfung sämtlicher Voraussetzungen der Differenzbesteuerung ermöglichen. Sind aber die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung unstreitig gegeben, anerkennt der Bundesfinanzhof einen Ausnahmefall, der es rechtfertigt, die Differenzbesteuerung nicht wegen des Fehlens von Aufzeichnungen zu versagen. Es ist dann vielmehr zu prüfen, ob die Einkaufspreise (ggf. mit einem Sicherheitsabschlag zu Lasten des Wiederverkäufers) geschätzt werden können.

Der Fall wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, zum einen, um die Bruttoeinnahmen in Entgelt und Umsatzsteuer aufzuteilen, und zum anderen, um die Feststellungen zur Differenzbesteuerung nachzuholen.

Soweit die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht in Betracht kommen sollte, wird das Finanzgericht noch Feststellungen zum Vorsteuerabzug und zum Steuersatz nachholen müssen. Da X die verkauften Gegenstände aus Haushaltsauflösungen erworben hat, dürfte es sich um Erwerbe von Nichtunternehmern handeln, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das Finanzgericht wird ferner zu prüfen haben, ob auf einzelne Umsätze der ermäßigte Steuersatz anwendbar ist.


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