Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 10. Februar 2023

Zur Erweiterung einer ersten Anschlussprüfung von einem auf drei Jahre

Die Erweiterung einer nach § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO zulässigen ersten Anschlussprüfung von einem auf drei Jahre bedarf keiner besonderen Begründung.

Hintergrund

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 15.11.2013 (PA I) fand bei der X-GmbH eine Außenprüfung für 2008 und 2009 statt. Noch während dieser Prüfung andauerte, erging am 1.12.2015 eine weitere Prüfungsanordnung für die Jahre 2010 bis 2012 (PA II), die die X anfocht. Im anschließenden Klageverfahren nahm X die Klage gegen die PA II für 2010 zurück. Das Verfahren wurde insoweit eingestellt. Das Finanzgericht gab der Klage gegen die PA II mit rechtskräftigem Urteil vom 21.2.2017 im verbleibenden Umfang (2011/2012) statt und hob die PA II für 2011 und 2012 auf.

Nachfolgend verfügte das Finanzamt mit der streitgegenständlichen PA III vom 4.12.2017, dass die am 1.12.2015 (PA II) angeordnete Außenprüfung (für 2010) auf 2011 und 2012 erweitert werde. Es sei mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen.

Die X legte hiergegen (PA III) am 18.12.2017 Einspruch ein. Die Außenprüfung für 2008 und 2009 wurde im Laufe des Einspruchsverfahrens am 8.6.2018 abgeschlossen. Das Finanzamt wies anschließend den Einspruch (gegen PA III) als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 12.3.2019).

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO, wonach i. d. R. nur drei Jahre gleichzeitig geprüft werden dürften, liege nicht vor. Im Zeitpunkt der (für die Beurteilung von Ermessensentscheidungen maßgeblichen) letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung vom 12.3.2019) sei die Prüfung für 2008 und 2009 bereits abgeschlossen gewesen. Damit seien nach der Erweiterung des Prüfungszeitraums (durch PA III) nur drei Jahre, nämlich 2010 bis 2012, zu prüfen gewesen, was keiner besonderen Begründung bedürfe.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Bei der Prüfung der Jahre 2010 bis 2012 (PA III) handelte es sich um eine zulässige erste Anschlussprüfung, die den maximal zulässigen Prüfungszeitraum von drei Jahren nicht überschritt.

§ 4 Abs. 3 Satz 3 BpO lässt Anschlussprüfungen nicht nur ausdrücklich zu, sondern macht sie auch nicht von besonderen Voraussetzungen abhängig. Die Anordnung einer ersten Anschlussprüfung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Für eine erste Anschlussprüfung bedarf es zudem keiner besonderen Begründung. Da bei der X aufgrund der PA I vom 15.11.2013 die Jahre 2008 bis 2009 geprüft wurden, handelt es sich bei der am 1.12.2015 (PA II) bestandskräftig angeordneten Prüfung des Jahres 2010 um eine erste Anschlussprüfung. Die dagegen gerichtete Klage wurde von der X zurückgenommen und für 2011/2012 wurde die PA II vom Finanzgericht aufgehoben, sodass für 2010 eine bestandskräftige Prüfungsanordnung vorliegt.

Die am 1.12.2015 für das Jahr 2010 angeordnete erste Anschlussprüfung (PA II) wurde durch die hier angefochtenen PA III vom 4.12.2017 um die Jahre 2011 und 2012 erweitert, sodass die erste Anschlussprüfung nunmehr drei Jahre umfasste, was keiner besonderen Begründung bedurfte. Das Finanzamt hat nicht gegen § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO verstoßen. Denn im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung am 12.03.2019 war der Fall eines mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassenden Prüfungszeitraums nicht gegeben, da die Prüfung für 2008 und 2009 bereits abgeschlossen war.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung der Verwaltung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier die Einspruchsentscheidung vom 12.3.2019. Dies gilt auch für Prüfungsanordnungen oder ihre Erweiterung. Im Streitfall war die Prüfung für 2008 und 2009 im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bereits abgeschlossen und die Prüfungserweiterung (PA III) war jedenfalls durch die in der Einspruchsentscheidung gegebene Begründung gedeckt.


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