Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 06. Dezember 2022

Gewerbesteuerliche Folgen der Überlassung von Gewerberäumen

Die Überlassung von relativ unwesentlichem Grundbesitz an eine nur geringfügig beteiligte Genossin zur gewerblichen Nutzung steht auch dann der erweiterten Kürzung bei der Genossenschaft entgegen, wenn der von der Genossin erzielte Gewerbeertrag den gewerbesteuerlichen Freibetrag nicht erreicht.

Hintergrund

Die Genossenschaft mit rund 6.000 Mitgliedern war in 2014 bis 2016 ausschließlich mit der Vermietung von Grundstücken befasst (Wohnungen und Gewerbeflächen). Eine Mieterin (M) hatte seit 2012 von der Genossenschaft Räume gemietet, in denen sie ein Einzelhandelsgeschäft betrieb. Ihre Gewinne erreichten nicht den gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 EUR.

Im Jahr 2014 wollte M von der Genossenschaft eine Wohnung mieten. Da die Genossenschaft nach ihrer Satzung Wohnungen bevorzugt an ihre Mitglieder vermietete, erwarb M im Jahr 2014 einen Geschäftsanteil und die Genossenschaft überließ ihr ab 2015 eine Wohnung. Der Anteil der M an der Genossenschaft betrug am 31.12.2016 lediglich 0,0168 %. Außer M waren keine weiteren gewerblichen Mieter als Genossen beteiligt.

Das Finanzamt lehnte den Antrag der Genossenschaft auf Gewährung der erweiterten Kürzung mit der Begründung ab, das an M vermietete Ladenlokal diene dem Geschäftsbetrieb der M.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es war der Auffassung, einer Genossenschaft, die neben Wohnungen auch gewerblich genutzte Flächen vermiete, stehe die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags auch dann zu, wenn der Grundbesitz zu einem Teil dem Gewerbebetrieb einer Genossin diene, die zu weniger als 1 % an der Genossenschaft beteiligt sei, dieser Beteiligung nur geringe Bedeutung zukomme und die Genossin selbst wegen niedriger Einkünfte keiner Gewerbesteuerbelastung ausgesetzt sei. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG bedürfe bei einer derartigen Bagatellbeteiligung einer Einschränkung.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Das Finanzgerichtsurteil wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Genossenschaft steht die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 5 GewStG nicht zu.

Die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Diese Ausnahme von der Begünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beruht darauf, dass in der Überlassung von Grundbesitz an einen Gesellschafter oder Genossen zu dessen gewerblichen Zwecken keine reine Vermögensverwaltung mehr gesehen werden kann. Denn bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen (ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers) fließen die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag ein und würden damit der GewSt unterliegen. An dieser Einschränkung scheitert die erweiterte Kürzung für die Genossenschaft. Denn M hatte Grundbesitz der Genossenschaft zur Erzielung gewerblicher Einkünfte aus ihrem Einzelhandelsgeschäft gemietet. Der Grundbesitz diente ihrem Gewerbebetrieb i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG.

Der Versagung der erweiterten Kürzung steht nicht entgegen, dass die betragsmäßige Beteiligung und der Stimmenanteil der M äußerst geringfügig sind. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ("wenn") ist der Umfang der Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft und auch die Größe des vermieteten Grundstücksteils unerheblich.

§ 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ist zwar im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass dem Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung auch dann zusteht, wenn das überlassene Grundstück dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, der mit den gesamten (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist. Diese Ausnahme kann aber nicht auf den hier vorliegenden Fall erstreckt werden, dass der mietende Gewerbebetrieb keine Gewerbesteuer schuldet, weil der Gewerbeertrag unter 24.500 EUR liegt. Denn die Ausnahme wäre dann von den zufällig schwankenden Gewinnen des mietenden Unternehmens abhängig und Änderungen der Gewerbesteuer-Messbescheide des mietenden Unternehmens würden zu kaum handhabbaren Folgeänderungen bei dem Grundstücksunternehmen führen.


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