Artikel aus dem Themenbereich: GmbH vom 06. Dezember 2022

Doppelt ansässige Kapitalgesellschaft und gewerbesteuerliche Kürzung von Gewinnausschüttungen

Für den Fall des inländischen Orts der Geschäftsleitung, der zu einer inländischen Gewerbesteuer führt, sind keine Anhaltspunkte erkennbar, weshalb das Gesetz doppelt ansässige Kapitalgesellschaften von der Anwendung der gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegien ausschließen sollte. Zu den inländischen Kapitalgesellschaften gehören deshalb auch Kapitalgesellschaften, die ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben.

Hintergrund

Die X-GmbH hat Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Verwal-tung eigenen Vermögens. Im Jahr 2009 war die X-GmbH zu 100 % an der der B-BVBA, einer Gesellschaft mit Sitz in Belgien, beteiligt. Die B-BVBA ist nach dem sog. Rechtstypenvergleich als Kapitalgesellschaft einzuordnen. Ihr Unternehmensgegenstand war das Halten und Verwalten von Beteiligungen. Ihr alleiniger Geschäftsführer wohnte im Inland.

Die B-BVBA war ihrerseits am Stammkapital einer mexikanischen Kapitalgesellschaft (M-CV) beteiligt, die in 2009 aus ihrem in 2008 erzielten Gewinn einen Anteil an die B-BVBA ausschüttete. Die B-BVBA schüttete diesen Betrag noch im Jahr 2009 ohne Abschlag weiter an die X-GmbH aus.

Das Finanzamt ermittelte den Gewerbeertrag und den vortragsfähigen Gewerbeverlust der X-GmbH antragsgemäß unter Hinzurechnung von 95 % der Gewinnausschüttung der B-BVBA. Auf dieser Grundlage setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 auf 0 EUR und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2009 fest. Den Antrag der X-GmbH, diese Bescheide dahin zu ändern, dass die Hinzurechnung nach § 9 Nr. 7 GewStG wieder gekürzt wird, lehnte das Finanzamt ab.

Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt. Zwar seien die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt. Die Gewinnausschüttung der doppelt ansässigen B-BVBA erfülle jedoch die Voraus-setzungen der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG. Eine inländische Kapitalgesellschaft im Sinne dieser Vor-schrift liege auch dann vor, wenn sich (nur) der Ort der Geschäftsleitung im Inland befinde.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und wies die Revision des Finanzamts zurück. Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG ist zu korrigieren und der vortragsfähige Verlust zu erhöhen. Denn die von der B-BVBA an die X-GmbH ausgeschütteten Gewinnanteile erfüllen die Voraussetzungen der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG.

Mit ihrem Sitz in Belgien und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland ist die B-BVBA eine "doppelt ansässige" Gesellschaft. Die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften als "inländische" in den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG ist umstritten. Zum Teil wird vertreten, die Voraussetzung einer inländischen Kapitalgesellschaft sei zumindest bei den Gesellschaften zu bejahen, die – wie die B-BVBA – ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben. Nach der Gegenmeinung erfordert § 9 Abs. 2a GewStG einen doppelten Inlandsbezug, d. h. Sitz und Ort der Geschäftsleitung müssen sich im Inland befinden.

Der Bundesfinanzhof hält die zuerst genannte Auffassung für zutreffend. Der Inlandsbezug ist auch bei einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland gegeben, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet. Das ergibt sich aus der Systematik der gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegien. § 9 Nr. 2 GewStG erfasst ausdrücklich Gewinnanteile sämtlicher in- und ausländischer Personengesellschaften. Die Gewinnanteile von Kapitalgesellschaften sind dagegen zum einen in § 9 Nr. 2a GewStG und zum anderen in § 9 Nr. 7 GewStG geregelt. Da § 9 Nr. 7 GewStG ausdrücklich auf Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland beschränkt ist, muss im Umkehrschluss für § 9 Nr. 2a GewStG grundsätzlich ein einfacher Inlandsbezug ausreichen. Die Voraussetzung eines doppelten Inlandsbezugs hätte ausdrücklich geregelt werden müssen.

Zumindest für den Fall des inländischen Orts der Geschäftsleitung, der zu einer inländischen Gewerbesteuer führt, sind keine Anhaltspunkte erkennbar, weshalb das Gesetz doppelt ansässige Kapitalgesellschaften von der Anwendung der gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegien ausschließen sollte. Entscheidend ist letztlich der Zweck des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs, eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung sowohl auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft als auch auf Ebene ihres Anteilseigners zu vermeiden.


Unsere Fachartikel sind nach bestem Wissen redaktionell erstellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
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