Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 06. Dezember 2022

Eigentumswechsel an einer vermieteten Immobilie und Umsatzsteuer

Wird eine vermietete Immobilie erworben, tritt der Erwerber an die Stelle des bisherigen Vermieters. Fraglich sind die Anforderungen an eine Rechnung i. S. d. § 14c Abs. 1 UStG bei Wechsel des Eigentums an einer vom bisherigen Eigentümer teilweise unberechtigt unter Umsatzsteuerausweis vermieteten Immobilie.

Hintergrund

Die Klägerin erwarb ein vermietetes Bürogebäude. In den vom Voreigentümer abgeschlossenen von der Klägerin fortgeführten Mietverträgen mit einer Klinik und einer Physiopraxis findet sich der Zusatz "zzgl. 19 % Mehrwertsteuer" und ein ausgewiesener entsprechender Betrag. Die Klägerin behandelte die vereinnahmten Bruttomieten in ihrer Umsatzsteuererklärung 2013 als umsatzsteuerfrei. Bei der nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreien Vermietung an die selbst umsatzsteuerfreie Umsätze ausführende Klinik und Physiopraxis war eine Option der Klägerin zur Steuerpflicht gem. § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich.

Nach Auffassung des Finanzamts wurde jedoch in den Altmietverträgen und in den neu abgeschlossenen Mietverträgen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. Insoweit schulde die Klägerin die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 1 UStG. Dem widersprach die Klägerin, denn in den Zahlungen von den Mietern war der Leistungszeitraum nicht angegeben. Auch würden in den Mietverträgen einige nach § 14 Abs. 4 UStG notwendige Rechnungsangaben fehlen (Steuernummer des Vermieters, fortlaufende Rechnungsnummer, Nettoentgelt, Steuersatz). Eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens i. S. v. § 14c UStG sei zudem ausgeschlossen, weil den betroffenen Mietern als medizinische Nutzer kein Vorsteuerabzug zustehe.

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts schuldet die Klägerin vorliegend zurecht nach § 14c Abs. 1 UStG die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer. Eine Option zur Steuerpflicht war nicht zulässig, weil die Mieter die Mieträume nicht ausschließlich für Umsätze verwendeten, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Im Streitfall waren die Umsätze der Klinik und Physiopraxis gem. § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schuldet ein Unternehmer, der – wie im Streitfall – in einer Rechnung für eine Leistung einen höheren Steuerbetrag ausweist als er nach dem Umsatzsteuergesetz schuldet, auch den Mehrbetrag.

Bei Dauerschuldverhältnissen besteht eine Rechnung i. d. R. aus dem Miet- oder Pachtvertrag und den monatlichen Kontoauszügen. Die Rechnungsbestandteile "Leistungsgegenstand, Leistender, Leistungs-empfänger, monatliches Entgelt, Umsatzsteuerbetrag/Satz" ergeben sich meist aus dem Mietvertrag und der konkrete Leistungszeitraum aus dem jeweiligen Kontoauszug.

Der Rechnungsbegriff nach § 14 Abs. 4 UStG und § 14c UStG ist unterschiedlich, denn eine Rechnung i. S. v. § 14c UStG ist ein Dokument, das wegen des Ausweises der Umsatzsteuer abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs verwendet zu werden. Beim Rechnungsbegriff des § 14c UStG müssen daher nicht alle Ordnungsmerkmale des Rechnungsbegriffs nach § 14 Abs. 4 UStG erfüllt sein. Insoweit reicht es aus, wenn – wie im Streitfall – die Mietverträge mit der Klinik und Physiopraxis den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweisen. Bei Mietzahlungen in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten ohne ausdrückliche (andere) Zahlungsbestimmung ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung (Miete) durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird.

Der Erwerber tritt dabei an die Stelle des Vermieters und in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn der vermietete Raum nach der Überlassung an den Mieter vom Vermieter an einen Dritten übertragen wird. Die nicht von ihr selbst abgeschlossenen Mietverträge zusammen mit den weiteren Unterlagen (Kontoauszüge) führen dazu, dass sich die Klägerin eine Rechnung als Leistende i. S. v. § 14c Abs. 1 UStG zurechnen lassen muss. Da nach dem Eigentumswechsel die Mieten auf dem Bankkonto der Klägerin eingegangen sind, haben die Mieter von dem Vermieterwechsel erfahren. Hierdurch stellt der jeweilige Zahlungsbeleg gleichzeitig eine Änderung der Bezeichnung des Leistenden aus dem Mietvertrag und eine Änderung des Rechnungsausstellers dar.

In der Zusammenschau stehen damit mit den Mietverträgen und den mit den Zahlungsbelegen verbundenen Anpassungen den Mietern Dokumente mit Ausweis der Umsatzsteuer zur Verfügung, die abstrakt die Gefahr der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch die Mieter begründen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Mieter wegen ihrer ausschließlich umsatzsteuerfreien Umsätze die Vorsteuer nicht geltend machen können. Es kommt nur auf eine abstrakte Gefährdungslage an, die im Streitfall gegeben ist.


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