Artikel aus dem Themenbereich: GmbH vom 04. Oktober 2022

Zur Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers

Die Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers beschränkt sich nicht notwendig auf solche Steuern, die während der Dauer des Organschaftsverhältnisses entstanden sind. Die Organgesellschaft kann in dem Umfang haften, in dem der Organträger die Umsätze der Organgesellschaft zu versteuern hat und Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über Leistungsbezüge der Organgesellschaft abziehen kann.

Hintergrund

Streitig war, ob eine (ehemalige) Organgesellschaft (X-GmbH) auch für die während des Bestehens der Organschaft zwar wirtschaftlich begründet, aber steuerrechtlich noch nicht entstandene Umsatzsteuer des Organträgers (A-GmbH) nach § 73 AO in Haftung genommen werden kann.

Am 17.03.2014 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH bestellt. Im Mai 2014 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der bisher vorläufige Verwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Juli 2014 wurde über das Vermögen der A-GmbH ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Bei der A-GmbH bestanden im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über ihr Vermögen Umsatzsteuer-Rückstände aus den Voranmeldungen für März 2014.

Das Finanzamt meldete deswegen im Insolvenzverfahren der X-GmbH als Organgesellschaft eine Haftungsforderung nach § 73 AO wegen rückständiger Umsatzsteuer der A-GmbH für März 2014 zur Insolvenztabelle an. Da der Insolvenzverwalter die Forderung bestritt, erließ das Finanzamt einen Feststellungsbescheid, gegen den der Insolvenzverwalter erfolglos Einspruch erhob.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, eine Haftung nach § 73 AO für die Umsatzsteuer des Voranmeldungszeitraums März 2014 bestehe nicht, da die Umsatzsteuer für März 2014 bei Beendigung der Organschaft am 27.03.2014 (aufgrund des vorläufigen Insolvenzverfahrens) rechtlich noch nicht entstanden gewesen sei. Denn die Steuer für die Umsätze im Voranmeldungszeitraum März 2014 sei erst mit Ablauf des 31.03.2014 und damit nicht während des Bestehens der Organschaft entstanden. Auf eine wirtschaftliche oder insolvenzrechtliche Verursachung der Steuer komme es nicht an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Die Haftung der Organgesellschaft ist nicht auf solche Steuern beschränkt, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind. Das Finanzgerichtsurteil wurde aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Nach § 73 Satz 1 AO haftet eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers, "für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist". Ob eine Organschaft in diesem Sinne steuerlich von Bedeutung ist, richtet sich nach dem UStG. Danach wird die Organgesellschaft unselbstständiger Teil des Unternehmens des Organträgers, sodass beide Gesellschaften als ein Unternehmen zu behandeln sind. Grundsätzlich werden damit alle Umsätze der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet. Dieser ist Schuldner der auf diese Umsätze entfallenden Umsatzsteuer.

Steuern des Organträgers, "für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist", liegen demzufolge grundsätzlich dann vor, wenn der Organträger die Umsätze der Organgesellschaft zu versteuern hat und Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über Leistungsbezüge der Organgesellschaft abziehen kann. Für diese Steuern haftet folglich die Organgesellschaft.

Die Organschaft wurde mit der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 27.03.2014 beendet. Die Umsatzsteuer-Forderung gegen den (ehemaligen) Organträger (A-GmbH) für den Voranmeldungszeitraum März 2014 umfasst daher zwei Komplexe: die Umsatzsteuer betreffend den Organkreis bis zum 27.03.2014 und die eigene Umsatzsteuer der A-GmbH ab dem 28.03.2014. Die Forderung des Finanzamts ist entsprechend aufzuteilen.

Das Finanzgericht hat im zweiten Rechtsgang festzustellen, in welcher Höhe die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum März 2014 den Organkreis betrifft. Nur soweit Lieferungen und sonstige Leistungen während des Bestehens der Organschaft ausgeführt wurden, kommt eine Haftung der Organgesellschaft in Betracht. Auch soweit die Berichtigung von Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer erfolgen muss, kommt es darauf an, wann die Tatbestandsvoraussetzungen dafür vorgelegen haben.


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